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„Katastrophen
im Gartenteich“
10. Kapitel
Fehler beim
Einkauf
Wieder einmal war unser Bestand an Fischen durch die
Tücken des Geschicks arg reduziert. Zwar erfreute sich der übrig gebliebene und
inzwischen immerhin recht stattliche Goldfisch guter Gesundheit, aber er war
halt zum Einzelgänger degradiert. Arg gelangweilt, so jedenfalls unser
Eindruck, kurvte er im Wasser herum. Und das war schon viel. Meist stand er
still in einer Ecke und ruderte mit den Flossen, ohne sich zu bewegen. Uns
behagte das gar nicht. Wir beschlossen, ihm Gesellschaft zu verschaffen.
Aber wir entschieden, nicht noch einmal drei kleine
Goldfische zu kaufen, sondern nur einen, diesen jedoch etwa in der Größe, wie
sie sich schon im Teich befand. So würden die beiden a priori besser
zusammenpassen. Beim Kauf aber machten wir, ich nehme das einmal vorweg, einen
verhängnisvollen Fehler. Vielleicht lag es daran, dass wir zu gutmütig sind.
Oder wir sind einfach nicht clever genug.
Wie immer beim Fisch-Kauf waren wir mehr oder weniger so
irgendwie kribbelig aufgeregt. Woran das liegen mag, wird mir immer rätselhaft
bleiben. Aber schließlich geht es ja eben um Lebewesen. Und da ist es halt
stets eine spannende Angelegenheit, fast wie beim Lotterie-Spiel, ob man ein
Tier erwirbt, an dem man dann später auch seine Freude hat. Man steht vor den
Bottichen oder kleinen Bassins mit zahllosen Fischen und versucht, sich einen
Kandidaten auszuspähen. Bei Goldfischen ist das nicht kompliziert, zumindest
nicht, wenn sie alle gleichmäßig rot aussehen und obendrein in etwa die gleiche
Größe haben.
In unserem Falle befanden sich in dem Bottich, in dem die
Fische schwammen, die in etwa unseren Größen-Vorstellungen entsprachen,
ungefähr zwanzig, dreißig Exemplare. Merkliche Unterschiede in Größe oder Farbe
gab es nicht. Also überließen wir dem Verkäufer, uns etwas Passables
herauszufischen. Was er gern für uns tat. Er zeigte uns das Tier kurz im Netz,
wir stimmten zu, und er beförderte den unseres Erachtens schönen Fisch, dessen
Schwanz die Tendenz zu einem Schleier hatte, in einen der üblichen
Plastikbeutel.
Als wir wenig später im Auto saßen und unseren Kauf
aufgeregt noch einmal begutachteten, entdeckte meine Frau erstaunt, dass der
Fisch lädiert war. Zwar fast unmerklich, aber letztlich unübersehbar hatte er
am Maul eine Verletzung. Die Unterlippe war eingerissen. Wir trauten unseren
Augen nicht. Hastig überlegten wir. Was war uns da nun wieder passiert!
Unschlüssig hockten wir im Auto. Die Sache hinnehmen? Oder zurück zum Händler?
Wir hätten es tun sollen! Im Nachhinein bleibt
unverständlich, warum wir nicht spornstreichs zurück in die zoologische
Handlung geeilt sind. Hätte der Händler sich geweigert, das Tier
zurückzunehmen, weil wir den Fisch ja in seiner Anwesenheit beschaut hatten,
hätten wir dennoch darauf bestehen müssen, ein gesundes Exemplar zu bekommen.
Notfalls mit neuerlicher Bezahlung. Wir aber scheuten die Auseinandersetzung
und redeten uns ein, der Fisch könne gesunden. Schließlich haben wir Menschen
ja auch einmal irgendeine Hautverletzung, die mit der Zeit abheilt. Derlei
erhofften wir bei dem Fisch.
Nach der üblichen Prozedur des Anpassens, schien sich
unser Neuling wohl zu fühlen. Er nahm Kontakt auf mit dem Alteingesessenen, und
schon nach wenigen Tagen schwammen die beiden meist einträchtig beisammen. Wenn
wir fütterten, führten sie sogar regelrechte Vorstellungen auf. Ob das
Konkurrenz-Gehabe ist oder einfach Übermut, wir wissen es nicht. Jedenfalls
jagten die beiden wie die geölten Blitze durchs Wasser, oder sie führten, ganz
eng umeinander kreiselnd, wilde Tänze auf. Das geschah meist so turbulent, dass
wir fürchteten, sie würden sich zusätzlich verletzen. Zumindest war die
Aussicht, dass das Maul heilen würde, sehr gering.
Jeden Tag standen wir am Teich und versuchten
herauszubekommen, ob da irgendwie eine Heilung stattfände. Aber da tat sich
nichts. Schließlich blieb uns nur noch die Hoffnung, dass der Fisch die
Verwundung kompensieren würde. Zunächst sah es sogar danach aus.
Zwei, drei Wochen mochten vergangen sein. Wir hatten uns
gewöhnt und schon nicht mehr so sehr aufmerksam geguckt. Eines Tages jedoch,
als wir schauten, trieb er reglos im Wasser. Er war einfach tot.
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