Gästeseite
Tauben-Storys
Von G e r l i n d e aus dem Ruhrgebiet erhielten wir folgende umfangreiche Mail:
„Hallo! Auf Ihrer Homepage sind die Ringeltauben so liebevoll fotografiert, dass ich Ihnen gerne etwas über meine Ringeltaube Kira erzählen möchte.
Kira war ein Notfall, ein kleines Baby. Das Nest war von einer Katze auseinander genommen worden, von den Eltern waren nur noch Federn übrig geblieben.
Sie selber hatte schlimme Kampfspuren, die genäht werden mussten. Durch die tägliche Versorgung und Fütterung konnte ich keinen Abstand zu dem Tier bewahren,
sie wurde auf den Menschen, besonders auf mich fehlgeprägt. Ein Vogelprofessor aus dem Walsroder Vogelpark und eine Auswilderungsstation waren sich einig,
dass man dieses Tier nicht mehr in die Freiheit entlassen kann. ("Packen sie das Tier wieder ein und behalten sie es!")
Also wohnt sie nun seit zwei Jahren in meiner Wohnung mit ständigem Freiflug, zusammen mit einem kleinen, verkrüppelten Spatz (der nur links herum fliegen
kann). Ich hatte noch nie so viel Spaß und Freude an einem "Haustier", wie an meiner Kira. Sie passt sich meinem Rhythmus bedingungslos an; so bleibt z.B. selbst
das Futter stehen, wenn sie merkt, dass ich mich hinlege, ruckzuck flattert sie auf ihren Hochsitz und schläft sofort ein. Und selbst wenn ich am Wochenende bis
in den Mittag hineinschlafe, steht sie auch nicht früher auf.
Wenn ich dagegen im Stress bin, flattert sie wild um mich herum und macht Randale. Wenn ich telefoniere, bearbeitet sie das Telefon, plappert mit und ist meist
lauter als ich. Überhaupt "unterhalten" wir uns sehr viel: Wenn ich nicht sofort antworte, wird sie immer lauter und lauter, fast zornig, bis ich denn endlich
antworte... Gehe ich ins Bad, ist sie als erste unter der Dusche. Beim Zähneputzen hängt sie an der Zahnbürste, sitze ich am PC, sitzt sie garantiert auf der
Tastatur. Da sie im "Büro" groß geworden ist, ist sie generell von Tasten sehr angetan. Weder Tastatur, Rechenmaschine, Telefon noch die Fernbedienung ist vor
ihr sicher. Schlimm sind auch Zigarettenkippen, die sie ständig aus dem Aschenbecher oder selbst aus dem Müll herausholt.
Die Krönung ist jedoch, wenn es Thunfischsalat zu essen gibt: Trotz meiner Abwehr sitzt sie oft mitten drin (im Dressing). Sie frisst für ihr Leben gerne
Zwiebeln!!????... Kleine Kampf- bzw. Boxrunden werden auch eingelegt, allerdings immer liebevoll und "sanft", ständig darauf bedacht, mich doch nicht "ernsthaft"
zu verletzen. Überhaupt ist das gesamte Verhalten meiner Ringeltaube immer sanft (ich sage immer, dass der Begriff "Friedenstaube" schon berechtigt ist). Als ich
vor kurzem wegen einer Grippe im Bett lag, hielt sie drei Tage lang Krankenwache im bzw. an meinem Bett. Nur zum Fressen verließ sie mich kurz, um danach sofort
wieder ins Bett zu kommen...
Selbst meine Stimmungsschwankungen werden von ihr wahrgenommen, sie kann sogar "trösten". Sie setzt sich dann auf meinen Schoß und "erzählt"... Auch wenn ich
im ständigen Gewissenskonflikt bin, da es ja ein wildes Tier ist, das eigentlich nach draußen gehört, freue ich mich doch jeden Tag über ihre Zuneigung. Ich hätte
nie gedacht, dass ein Vogel soviel Sozialverhalten zeigt, so liebevoll und intelligent sein kann... (Der Dreck, den sie verursacht, hält sich in Grenzen, auch wenn
ich einen enormen Verbrauch an WischundWeg habe.)
Gerlinde“
Daraufhin mailten wir natürlich sofort um ein paar Fotos, und so entstand diese Gästeseite. Außer Fotos erhielten wir noch einen faszinierenden Bericht von
Gerlinde, wie sie eine Taubenfreundin wurde. Hier ungekürzt:
„Ich erzähle mal, einfach so, wie ich zum Taubenfreund wurde: Ich stand mit meinem Wagen an einer roten Ampel in der Schlange, vor einer schmalen, aber viel
befahrenen Kreuzung. Mitten auf der Kreuzung hockte eine kleine, gerade flügge gewordene Taube, die mit der großen, weiten Welt noch gar nichts anfangen konnte.
Der Gegenverkehr bekam Grün, aber die Taube hockte im Weg. Fahrer Nr. 1 hupte, blinkte mit dem Fernlicht, aber die Taube machte sich nur noch kleiner. Zögernd
fuhr der Fahrer an, um nach einiger Überlegung einfach über die Taube rüber zu fahren. Fahrer Nr. 2 fuhr sofort hinterher, auch über die Taube hinüber.
Mittlerweile kochte ich schon vor Wut und beobachtete Fahrer Nr. 3, der ebenfalls zum Rüberrollen ansetzte. Aber endlich bekam ich Grün, gab Vollgas, stellte
meinen Wagen mitten auf der Kreuzung in den Weg und sammelte das arme, nun völlig zerzauste, zerrupfte und wunde Tier unter einem Hupkonzert ein. (Alle umherstehenden
Fußgänger schüttelten nur den Kopf über mich!) Meine Tierärztin versorgte die Taube und zeigte mir, wie man so ein kleines Ding füttert und tränkt. So wurde die Taube
gesund, groß und dick, und ich konnte sie nach einigen Wochen fliegen lassen.
Dann kam Taube Nr. 2, meine Kira, die mir von meiner Freundin im Karton überreicht wurde "Du kennst Dich doch mit Tauben aus!"... Zusätzlich bekam ich eine riesige
Voliere geschenkt (bis heute unbenutzt), die ich ans Fenster stellte, so dass sie von der Straße aus zu sehen war. Daraufhin sprach mich ein Nachbar an (den ich
gar nicht kannte), dass er eine Taube gefunden habe, nun aber nicht weiß wohin damit,... und ich hätte doch so eine schöne, große Voliere... Ok, das war Taube Nr.3,
die ich gesund pflegen musste, da sie sich in Zwirn verfangen hatte und der Zwirn sich in die Füßchen geschnürt hatte (die Füßchen waren sehr wund und entzündet).
Aber auch das ging in Ordnung.
Zwischendurch fand ich Taube Nr. 4 an einer Tankstelle, die aber wegen Salmonellenvergiftung und Ansteckungsgefahr eingeschläfert werden musste. Dann... fand ich Taube
Nr. 5 im Straßengraben. Es war eine Brieftaube, die sich verflogen hatte, völlig entkräftigt und ausgehungert. Als sie übern Berg war, hatte ich endlich den Besitzer
ausfindig machen können, der sie abholte... und ihr aus Sorge um seinen Taubenbestand (Ansteckungsgefahr) den Hals umdrehte, obwohl sie doch gesund war.
Nun war meine Kira wieder alleine und ich fragte beim Tierheim nach, ob sie nicht einen "Fußgänger" hätten, den ich als Partner für meine Kira mitnehmen könnte.
Dies war nicht der Fall, aber ich sollte meine Telefonnummer hinterlassen. Das war ein Fehler, denn nun läutete ununterbrochen das Telefon, fremde Leute riefen mich an,
sie hätten meine Telefonnummer vom Tierheim bekommen, ich würde Vögel aufnehmen... So kam unter anderem Taube Nr. 6, die mit dem gebrochenen Flügel. (Etwas Hansaplast
vom Tierarzt drum geklebt, und so ein gebrochener Flügel heilt wunderbar.)
Dann kam die "Rettungsaktion". Eine Taube war als Lockvogel in einer Schnappfalle für einen Habicht eingesperrt (war von der Forstbehörde nicht genehmigt). In einer
groß geplanten Nacht- und Nebel-Aktion wollten wir das arme Tier befreien, aber wir kamen zu spät (vier erwachsene Menschen heulten wegen einer toten Taube)... Dafür
befreite ich kurze Zeit später eine Elster aus einer anderen Lebendfalle,... eine Kollegin von mir klaute immer wieder neu aufgestellte Fallen, was bei einer Größe von
ca. 1m² nicht so einfach ist und mittlerweile hat der Bauer das "Jagen" aufgegeben (Fallen sind teuer)...
Am Stall (ich habe ein Pferd) wollte man einen kleinen Spatz "retten", der aus seinem Nest gefallen war und unsere Stallkatze leckte sich schon die Zähne. Immer wieder
setzte man den kleinen Spatz ziemlich hoch auf unsere Spinde, und immer wieder fiel er ziemlich tief hinunter. Dieser kleine Krüppel wohnt nun auch bei mir.
Erst letzte Woche hockte wieder eine Taube, Nr. 7, bei mir vor der Bürotür (spricht es sich nun auch schon bei den Tieren herum, dass ich sie rette???). Laut Tierarzt
war sie nur entkräftigt, völlig ausgehungert und kurz vor dem Verdursten. Sie sollte aber vorsichtshalber in Quarantäne gehalten werden. Also kümmert sich vorübergehend
meine Mutter um sie, aber da die Taube keine Anstalten macht, doch mal zu fliegen, werde ich sie wohl wieder zu mir nehmen und behalten, dann habe ich nun endlich meinen
"Fußgänger"...
Wenn ich mich mal nicht um wilde Tiere kümmere, versorge ich am Stall mein eigenes Pferd, das seit 9 Monaten mit einem Sehnenschaden zu kämpfen hat, das ist aber eine
andere, nervenaufreibende, unendliche Geschichte. Wenn der mal nicht mehr ist, kommt KEIN neues Pferd, da mich seine Krankheiten finanziell ruiniert haben (vierfacher
Totalschaden, für das Geld hätte ich mir einen Neuwagen kaufen können.) Dann werde ich aber einen Garten pachten, mit einer großen Voliere darin und weiterhin viele
Vögel retten.
Gerlinde.“
Das ist wahrscheinlich die dramatischste Tier-Geschichte, die wir bisher in Wort und Bild erhalten haben. Wir danken Gerlinde für die Mühe, uns das alles aufzuschreiben.
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