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Katastrophen
im Gartenteich
21. Kapitel
Immer
wieder Rätsel
Wir vermissten
unseren "Goldbarren" sehr. Mein Ehrgeiz war, wieder einen goldenen
Koi im Teich zu haben. So kauften wir uns denn – nachdem die "Goldfisch-Frage“
gelöst war, und der Fischreiher offenbar anderweitig Nahrung gefunden hatte – einen
kleinen goldenen Koi. Er war etwa sieben Zentimeter lang und tendierte farblich
ins Bräunliche. Irgendwie sah er im Verkaufs-Beutel, wo man ihn von der Seite
beschauen konnte, wirklich hübsch aus. Meine Frau taufte ihn wegen seiner
besonderen Färbung "Bückling".
Aber kaum hatten
wir ihn freigelassen, tauchte er ab, und wir kriegten ihn nicht mehr zu
Gesicht. Wir erlebten wieder einmal, dass junge neue und vor allem kleine
Fische, wie er ja einer war, erst einmal auf Nummer sicher gehen und in die
Tiefe verschwinden. Dort können sie sich tage-, ja wochenlang aufhalten.
Während der Schwarm der größeren Fische im Frühjahr langsam hoch an die
Oberfläche kommt, lassen sich Neulinge einfach nicht blicken. Sodass wir in
diesem Falle schon wieder fürchten mussten, irgendein Dieb habe uns den Kleinen
entwendet. Was wiederum unwahrscheinlich war, es sei denn, der Räuber holte
sich seine Beute aus der Tiefe.
Da der Kleine aber
nicht als Toter obenauf schwamm, hatten wir immer noch Hoffnung, ihn eines
Tages wiederzusehen. Das wäre schön gewesen, denn im bunten Schwarm der Kois
und Shubunkins fehlte nur noch die Farbe Gold. Als mir nach einiger Zeit die
Geduld gerissen war, fing ich an, die Wasserpest auf dem Grund mit einer Stange
hin und her zu bewegen. Zunächst half das gar nichts, außer dass die Fische
unnötig beunruhigt wurden. Doch dann, ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben,
trieb es mit schlanker Bewegung den mausetoten "Bückling" an die
Oberfläche. Wehmütig holten wir ihn heraus und sahen: Er war auf seltsame Weise
angefressen. Wahrscheinlich hatten sich Gelbrand-Käfer schon seit einiger Zeit
beköstigt.
Der Fall erregte
mich so, dass ich vorschlug, schnell für Ersatz zu sorgen. Um Fische zu
trauern, hatten wir uns mittlerweile abgewöhnt. Aber wenn man Lücken im Bestand
immer wieder sieht, kann man Verluste schwerer vergessen. Also zogen wir noch
am gleichen Tag los und kauften neu. Es ist schon fast krankhaft: Natürlich begnügten
wir uns nicht mit einem, sondern landeten mit zwei neuen Koi zu Hause. Beim
Händler waren zufällig so viele hübsche goldene Exemplare gewesen, dass wir
schwach geworden waren und einen ins Rötliche sowie einen ins Weiße
tendierenden kleinen Koi kauften.
Kaum hatten wir
die beiden nach üblicher Prozedur ins Wasser entlassen, verschwanden sie prompt
in die Tiefe. Wieder begann das bange Warten. Wo waren die Kerle abgeblieben?
Waren sie etwa das Opfer von Gelbrand-Käfern? Die Biester hatten sich offenbar
auf zarte Neulinge spezialisiert. Man muss sich wirklich mit großer Geduld
wappnen. Obwohl das Wasser relativ klar war, ließen sich die Herrschaften
einfach nicht blicken.
Ich weiß nicht
mehr, waren es drei, waren es vier Wochen. Jeden Nachmittag beim Kaffeetrinken
am Teich schauten wir angestrengt ins Wasser und spähten in die Tiefe. Selbst
wenn die Fisch-Meute zur Fütterung hochkam, blieben die Neulinge verborgen.
Sofern sie überhaupt noch lebend existierten. Ratlosigkeit einmal wieder.
Neuerlich zu kaufen, schien uns unangemessen, solange das Schicksal der zwei
Neuzugänge nicht geklärt war. Welch rätselhafte Narretei aber auch, tagtäglich
wegen zweier Fische gebannt ins Wasser zu starren, obwohl man partout nicht
sieht, was man sehen möchte!
Endlich, wir saßen
gemütlich beim Kaffee und hatten einmal nicht an Fische gedacht, wuselte
gegenüber am Teichgrund ein kleiner Koi herum. Mit Appetit futterte er
irgendwelche Leckerbissen. Also einer lebte! Und wo war der zweite? Gewiss
konnten wir uns nur sein, wenn wir beide gleichzeitig sahen; denn wir wussten
sie noch nicht zu unterscheiden. Dann gottlob, wohl eine Woche später, sahen
wir beide Kois eifrig gründeln und waren überrascht, dass sie inzwischen
unterschiedlich groß gewachsen waren.
Nun kamen
aufregende Tage. Was wir vorher nicht für möglich gehalten hatten, beobachteten
wir ziemlich genau. Bei den Fischen gibt es so etwas wie eine Hackordnung!
Sobald der Größere von den zwei Neulingen dem alteingesessenen Schwarm etwas zu
nahe kam und offenbar erste Kontakte suchte, wurde er vor allem von
"Undine" vertrieben, so dass er wieder abtauchte. Der Kleine wagte
überhaupt keine Näherung. Das hatte zur Folge, dass die Neulinge beim Füttern
einfach abgemeldet waren. Sie kurvten zwar in der Tiefe herum und fraßen wahrscheinlich
sogar, was vom Futter langsam nach unten segelte, aber an echte Happen kamen
sie nicht heran. Noch waren sie in die Gemeinschaft nicht aufgenommen.
Welch schöner,
beruhigender Anblick, als sich der größere der Neulinge endlich inmitten des Schwarms
bewegte, und von den Großen nicht mehr vertrieben wurde. Auch Futter konnte er
sich jetzt erhaschen. Sein Kumpel aber traute sich noch immer nicht unter die
Menge. Respektvoll kurvte er in der Tiefe. Ob er genug fressen würde, um den
Winter überstehen und das nächste Frühjahr erreichen zu können? Immer wieder
Rätsel.