www.tiere-im-garten.de
„Katastrophen im Gartenteich“
6. Kapitel
Ein tieferer Teich
Die
Moderlieschen, empfanden wir schließlich, waren irgendwie zu unauffällige
Fische. Wenn sie tief schwammen, was sie gern taten, waren sie meist erst nach
langem Suchen ausfindig zu machen. Und wenn gar das Wasser seine berüchtigt
grüne Färbung angenommen hatte, war es meist überhaupt aussichtslos, einen
Fisch zu entdecken. Also träumten wir zunehmend davon, irgendwann bunte Fische
anzuschaffen, zum Beispiel Goldfische.
Außerdem
war da das Problem mit der Überwinterung. Das Plastikbecken, das wir gekauft
hatten, war dafür nicht tief genug. Die Fische im Herbst heraus zu fangen,
schien uns keine ideale Lösung. Einmal haben wir es versucht.
Eines
schönen Herbsttages hatte die Jagd auf die Moderlieschen begonnen. Aber die
waren gar nicht willig gewesen. Im Gegenteil. Nach dem ersten Versuch, der ein
paar Fische im Netz einbrachte, waren die übrigen total verschwunden. Wie sie
es gemacht haben, weiß ich nicht. Wahrscheinlich sind sie tief in den Modder
gegangen, oder sie haben sich zwischen den Wurzeln der Pflanze versteckt, die
wir in der Ecke des Beckens platziert hatten.
Also
gaben wir die Fischerei erst einmal auf und warteten ein Weilchen, um dann neu
anzufangen. Aber das Ergebnis war ähnlich. Beim ersten Zugriff erwischten wir
zwar wieder ein paar Fische, danach war erneut Schluss. Ein schlaues Völkchen!
So kompliziert hatten wir uns das nicht vorgestellt. Nach dem dritten Versuch
wurde die Aktion abgebrochen.
Weshalb
wir damals nicht Wasser abgeschöpft haben, um erfolgreicher zu sein, kann ich
heute nicht mehr sagen. Wahrscheinlich, weil wir uns mit der Menge
Moderlieschen, die wir schließlich und endlich gefangen hatten, zufrieden
gaben. Wer nicht bereit war, sich unserer Obhut anzuvertrauen, der sollte
sehen, wie er über den Winter kommt. Abgesehen davon, dass die Überwinterung
unter unserer Obhut noch gar nicht so gewiss war. Denn nun hatten wir zwar so
etwa dreißig große und kleine Moderlieschen im Gurkenglas, aber darin konnten
wir sie nicht lassen. Schon weil der Sauerstoff im Wasser alsbald aufgebraucht
sein würde. Es so zu machen, wie unsere Nachbarn, schien uns ausgeschlossen.
Sie gaben ihre Fische im Winter in eine Wanne im dunklen Keller. Meine Frau
hatte die Ärmsten dort einmal besichtigen dürfen und gefunden, dass die Fische
erbärmlich aussahen, nämlich abgemagert und glasig. Solch Schicksal wollten wir
unseren Exemplaren nicht bereiten.
Also
entschieden wir, sie in einen Bottich zu geben, den ich von meinem Bruder
bekommen hatte, der ein Färbermeister gewesen war und darin Farben angerührt
hatte. Während eines Sommerurlaubs schon vor Jahren hatte er das Behältnis
mitgebracht. Nun schien es, sauber geputzt, passend für unsere Absicht. Wir
gaben etwas Sand hinein und eine gehörige Portion Wasserpest aus dem Teich,
auch etwas Original-Wasser. Dann wurden die Fische hineingeschüttet, und der
Bottich in unsere Laube getragen. Dort sollten unsere Oleander bei etwa fünf
Grad Plus überwintern, was hieß, dass auch die Fische nicht erfrieren würden.
In
der Tat. Es gelang uns, die Temperatur immer so zu regulieren, dass Frost nicht
zur Gefahr wurde. Zwar gab es bei Außentemperaturen unter 10 Grad Minus einmal
eine dünne Eisdecke, aber die ließ sich leicht aufbrechen. Ansonsten schienen
sich die Fische wohl zu fühlen. Jedenfalls kam der Januar, und noch kein
Moderlieschen war gestorben. Draußen im Garten lag Schnee, und wie es dem Rest
Moderlieschen im zugefrorenen Becken erging, ließ sich noch nicht sagen.
Beim
Bottich gab es schnell Klarheit. Eines Tages nämlich schwamm ein Moderlieschen
tot obenauf. Was war geschehen? Guter Rat war teuer. Wir vermuteten, fehlendes
Futter sei der Grund. Immerhin war es ja irgendwie wärmer im Wasser, als sonst
üblicherweise im Winter; die Fische also letztlich mobiler und demzufolge
hungrig. Fragen konnten wir sie nicht. Aber sozusagen als Antwort schwamm ein
paar Tage später wieder ein Moderlieschen tot obenauf. Nun wurde entschieden,
ihnen ein bisschen Flocken-Futter rein zu geben. Mit dem Ergebnis: Oben schwamm
das Futter, unten verharrten die Fische. Hunger schienen sie nicht zu haben.
Nach einem guten Weilchen bewegte sich der Pulk denn doch ganz langsam und
irgendwie ungeheuer vorsichtig hoch zur Wasseroberfläche. Und dann wurde ganz
langsam etwas Futter aufgenommen und wieder abgetaucht.
Ob
wir richtig gehandelt haben, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich muss die
Antwort "nein" lauten; denn gut die Hälfte des Bestandes ist über die
Wochen bis zum Frühjahr dann noch dahingestorben. Wir fischten die Leichen
tapfer heraus und gaben es auf, die Ursache des Sterbens ergründen zu wollen.
Allerdings sorgten wir öfter für frisches Wasser. Wahrscheinlich hat dies
geholfen, ein noch größeres Sterben zu verhindern.
So
kamen wir schließlich mit etwa zehn Moderlieschen ins Frühjahr. Der Rest, der
in freier Natur geblieben war, hatte nicht überlebt. Vermutlich ist das Eis
sehr tief gewesen. Das Resümee des Winters: Wir brauchen einen tieferen Teich!
Das Überwintern von Fischen irgendwo in gewärmter Stube und in provisorischer
Behausung, fanden wir, war keine ideale Lösung. Und außerdem: Ein neuer und
tieferer Teich würde endlich Gelegenheit geben, ein paar farbkräftigere Fische
als Moderlieschen hineinzusetzen.
So
wurden die überlebenden Moderlieschen denn wieder in den Frosch-Pool gegeben
und mit der Planung eines neuen, tieferen Teiches begonnen. Die Überlegung war,
den neuen Pfuhl so an das vorhandene Plastikbecken anzubauen, dass ein gewisses
Gefälle entstehen würde, also Wasser von oben nach unten überlaufen konnte.
Irgendwann später, dachte ich, würde Geld für eine kleine Wasserpumpe
zusammengekratzt sein, um solch Teichparadies zu vollenden.
Beim
Hin und Her, die günstigste, also auch ansehnlichste Lösung zu finden, schien plötzlich
ein dritter kleiner Teich nötig. Nicht nur wegen der Symmetrie, die in der
Gartenecke nun einmal gegeben war, sondern auch wegen der Chance, den dritten
Teich wiederum mit anderem Niveau anzulegen, so dass letztlich ein
Wasserkreislauf zwischen drei Teichen möglich sein würde.
Wahrscheinlich
hat mich diese Wasserkreislauf-Idee so beschäftigt, dass ich Wichtigeres außer
Acht ließ, nämlich beide neuen Teiche gehörig tief anzulegen. Vielleicht war es
auch eine Frage nachlassender Körperkräfte, dass ich mich scheute, zweimal in
die Tiefe zu buddeln. Schließlich musste der Aushub ja auch irgendwo
untergebracht werden. Wollte man die Kosten für Abtransport sparen, musste es
irgendwo im Garten geschehen. Wie auch immer: Ein Teich wurde nur so etwa 60cm tief
geplant, der andere und eigentliche jedoch etwa 1,60m.
Sobald
die Witterung es zuließ, ging ich an die Arbeit. Und wie das so meine Art ist:
Ich hatte zwar irgendwie ganz gut geplant, aber nicht an alles gedacht, zum
Beispiel nicht an den Schutz der Teichanlage vor unliebsamen Gästen wie
räuberische Katzen. Noch während des Aushubs wurde dies wichtige Problem so
entschieden, einen wenigstens etwa vierzig Zentimeter hohen Sicherheits-Zaun um
die Teiche herum zu installieren. Die üblichen, etwa zwanzig Zentimeter hohen
Ziergitter reichten erfahrungsgemäß nicht aus.
Nachdem
die Gruben ausgehoben waren, wurde in etwa noch einmal gemessen und Folie sowie
spezieller Folienschutz zum Unterlegen gekauft. Dieser aus Filz bestehende
Schutz ist wirklich wichtig, denn so sehr man sich bemüht, den Untergrund
sauber und glatt anzulegen, irgendwo guckt ein kleiner spitzer Stein hervor und
bohrt sich mit der Zeit durch die Folie. Das ist, so es geschieht, wirklich die
reine Katastrophe. Wenn es gar in der Tiefe passiert, kann man verzweifeln. Das
Wasser läuft einem weg, verschwindet einfach, und man ist machtlos. In solch
bitterem Fall bleibt wahrscheinlich nichts anderes übrig, als das Wasser
abzupumpen, Fische und Pflanzen herauszunehmen und neue Folie über die alte zu
geben. Zum Glück hatten wir diesen schlimmen Betriebsunfall noch nicht.
Worauf
man als Anfänger auch nicht genügend Acht gibt, ist die Kalamität, dass die
Folie beim Verlegen allerhand Falten macht. Das stört zwar zunächst gar nicht,
und mit ein paar Steinen am Rand kann man alles recht gut kaschieren, aber mit
der Zeit wird's zum Problem. In die Falten wachsen nämlich Pflanzen, es bildet
sich Erdreich und es entsteht fast so etwas wie ein Schwamm, der das Wasser
hungrig aufsaugt. Wenn gar noch Verbindung zum Ufer entsteht, wo ja auch
Pflanzen wachsen, geht es denen dann zwar recht gut, aber der Wasserspiegel im
Teich sinkt mehr oder weniger schnell ab. Und man muss dann meist lange suchen,
bis man die Ursache für den Wasserverlust gefunden hat.
Doch
ich greife vor. Noch war kein Tropfen Wasser in die neuen „Teiche“ geflossen,
und schon gab es Ärger. Obwohl ich mir darüber im Klaren gewesen war, dass an
der Stelle, wo der Überlauf in den darunter liegenden Teich stattfinden sollte,
genügend Folie zur Verfügung stehen muss, hatte ich letztlich plötzlich zu viel
abgeschnitten. Was tun? Selbstverständlich kann man ein übrigbleibendes Stück
Folie passend beschneiden und einfügen, gewissermaßen als einen kleinen
Bachlauf. Aber in meinem Fall blieb die Unsicherheit, ob nicht das Wasser auch
entgegengesetzt und also weglaufen würde, zwar nicht sofort, aber mit der Zeit,
schon weil im Sommer überall irgendwelche Pflanzen wuchern und die Lage der
Folie unmerklich verändern. Das Zusatzstück anzukleben, hatte ich nicht gewagt;
denn ich war mir nicht gewiss, ob das auch wirklich dichthält.
Vorerst
hatte ich die Überläufe, wie mir schien, letztendlich ganz gut hingekriegt.
Auch machten sie mir noch keinen Kummer, weil sie vorläufig gar nicht gebraucht
wurden. Jeder Teich würde zunächst sein eigenes kleines Biotop sein. Als wir
schließlich Wasser einließen, war das denn also auch keine Katastrophe, sondern
ein echtes Vergnügen.
Zurück
zum Inhaltsverzeichnis
Zurück
zur Startseite
Weiter zum 7.Kapitel